„Auf der Flucht zum Volkssturm eingezogen,wurde er zunächst nach Jägerndorf und von dort zu einem Panzerregiment nach Görlitz gebracht ,wo er, wohl als einem der letzten Galiziendeutschen, dem Lemberger Lehrer Wilhelm Eger begegnete. Seither blieb er verschollen“. So steht es in unseren Heimatbüchern.

Seit vielen Jahren suche ich nach Hinweisen und Nachrichten über Familienangehörige. Ab und an gab ich auch die Namen mir bekannter Galizianer ein. Vor einigen Jahren entdeckte ich beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge den Namen Jakob Reinpold. Ich holte sofort die Unterlagen heraus und verglich das Geburtsdatum, es passte. Es war der Oberlehrer und verdienstvolle Verbandsleiter aus unserem Galizien. Als Todestag war eine ganze Woche eingetragen (19.-24. 04. 1945). Er ist also noch kurz vor Kriegsende umgekommen und zwar in der Gegend um Forst (Lausitz).

Dies hat mich lange beschäftigt, denn an einem Einzelschicksal werden die Schrecken des Krieges besonders deutlich. Ich begann weiter zu recherchieren. Es kamen viele widersprüchliche Eintragungen zutage. Einmal wurde sein Todesdatum mit 01. März 1945 angegeben, obwohl er laut Liste seine Erkennungsmarke erst am 10.03. erhalten hatte. Eine wichtige Hilfe waren die Menschen in der Lausitz, die Nachfahren der Augenzeugen, die mir weiterhalfen. Die ganze Tragödie spielte sich in der Ortslage Horno in der Nähe der Neiße ab. Die Rote Armee stieß mit ungeheurer Wucht über den Fluss vor. Teilweise war das Kräfteverhältnis 1:10. Trotzdem gelang es der Wehrmacht, unter großen Opfern, die Sowjets zweimal zurückzuschlagen. Mit welcher Brutalität vorgegangen wurde, zeigte auch die SS. Sie erschoss kurzerhand in dieser Gegend 80 deutsche Wehrmachtsangehörige als Deserteure. Beim 3. Anlauf brachen die Russen durch.

Als die Einwohner von Horno nach einigen Tagen in ihr Heimatdorf zurückkehrten fanden sie eine größere Zahl toter deutscher Soldaten vor oder was von diesen noch übrig war. Sie begannen die Gefallenen auf dem örtlichen Friedhof zu bestatten. Viele wurden mit dem Vermerk „unbekannter Soldat“ bestattet. Jakob Reinpold wäre wohl für immer verschollen geblieben.

Jedoch dehnte sich in den 90er Jahren der Braunkohletagebau Jänschwalde weiter aus. Die Ortslage Horno wurde abgebaggert und die Soldatengräber wurden umgebettet. Hier waren jetzt Spezialisten der Kriegsgräberfürsorge zugegen, die die Erkennungsmarken auswerteten. Bei dieser Aktion konnte auch die Nummer von Jakob Reinpold teilweise ausgelesen werden. Die sterblichen Überreste wurden dann auf der Kriegsgräberstätte Forst-Eulo beigesetzt.

Am 30. Juli 2013 fuhr ich mit meinem Stellvertreter Waldemar Weber und zwei treuen Vereinsmitgliedern zum Grabe von Jakob Reinpold. Mit einer kurzen Gedenkfeier gedachten wir seinem jahrelangen Wirken für unser Galizien. Ich brachte aber auch eine wichtige Erfahrung mit nach Hause. Die Nachforschung nach verschollenen Menschen kann auch nach so vielen Jahrzehnten Ergebnisse bringen. Es ist mir Aufgabe und Mahnung zugleich.

Ich danke allen, die mich unterstützt haben, besonders aber Ortsvorsteher Siegert, Dörthe Stein und Barbara Petri aus der Lausitz.

Günter Hönig